Braucht der Mensch eine Homepage?

(Achtung, diese Glosse habe ich fuer Leute geschrieben, die noch nicht wissen, was eine Homepage ist. Da Du sie hier liest, vermute ich, dass Du es allerdings schon weisst.)

Ach, Sie haben neulich gelesen, daß jetzt jeder im Internet ganz einfach Informationen anbieten kann. Auf einer sogenannten Homepage, die dann 50 Millionen Leute lesen können. Und jetzt wollen Sie Rudolf Augstein Konkurrenz machen. Oder Gräfin Dönhoff. Oder wenigstens Hubert Burda.

Na, dann machen Sie mal. Aber wundern Sie sich nicht, wenn es keiner liest. Die Standardantwort auf die Aufforderung, sich die Homepage von Freunden, Kommilitonen, Nachbarn oder gar Unternehmen anzugucken, lautet: "Argh!"

Die dargebotenen Informationen weisen nämlich in der Regel keinerlei Gebrauchswert auf. Da wird dann zum Beispiel ein riesiges Gif-Bild als Seitenhintergrund verwendet. Und wenn man es endlich heruntergeladen hat, stellt man fest, daß es sich keineswegs um ein Aktfoto des Seitenbesitzers handelt, sondern um ein Aktfoto seines Mantas. Sowas sorgt für Mißmut - außer bei den kommerziellen Internet-Providern und der Telekom, deren Einnahmen durch stundenlanges Web-Surfen ins Unermeßliche gesteigert werden.

Nun kann man das automatische Laden von Bildern ja zum Glück abschalten. Aber dann gibt es wieder Spezialisten, bei denen die ganze Seite komplett aus einer Grafik besteht. Ganz nach dem Motto "Wie Sie sehen, sehen Sie nichts." Man ist also gezwungen, die Grafik runterzuladen, um überhaupt weiterzukommen. Und wenn dann nach dem halbstündigen Laden einer überflüssigen, aber toll gestalteten Grafik ganz unten im Bild ein Button erscheint, auf dem steht "Bitte hier klicken für Textmodus", dann ist das schon fast ein Fall für die Mailbombe.

O.k., Sie lassen sich nicht abschrecken. Sie wollen Ihre Homepage. In diesem Fall gebe ich zögernd zu, daß so eine Heimatseite auch manchmal ganz nützlich sein kann. Wenn Sie zum Beispiel im IRC, dem Internet Relay Chat, dauernd dasselbe gefragt werden: "Wie sieht du aus, was machst du so, wann kommt dein nächstes Buch raus, wie geht Cybersex..." Da verweise ich dann dann einfach auf meine Homepage http://www.fredrikagers.de.

Die meisten Leute haben auf ihren Seiten ein paar Texte über sich selbst, ein paar Fotos und ein paar Links (also Verweise) auf Seiten, die sich mit ihren Lieblingshobbies beschäftigen. Letztens habe ich mir die Homepages von allen regelmäßigen Besuchern des IRC-Channels #muenster angesehen. Fast alle hatten Brillen auf, und ungefähr 50% hatten einen Link auf die "Malt Wiskey Tour". Keine Ahnung, was das bedeutet.

Wenn man sich richtig viel Arbeit macht, und eine gute Idee hat, kann man mit seiner Hompege sogar berühmt werden. Man muß nur der Netzgemeinde einen nützlichen Dienst anbieten, den es bisher noch nicht gab. Wie zum Beispiel dieser Mensch namens Strout, der auf seiner Homepage http://cwsapps.texas.net/ Kritiken aller Internetprogramme für Windows veröffentlicht. Von den Krtitiken gibt's Links zu Servern, auf denen die Programme zum Download bereitliegen. Viele Millionen Netizens haben seinen Service inzwischen genutzt, und er hat mittlerweile sogar Sponsoren, so daß er mit der Geschichte auch noch Geld macht. Andere Leute veröffentlichen zum Beispiel Listen aller frei zugänglichen, unzensierten Newsserver.

Jetzt also zu Ihnen. Wenn Sie einen Zeitschriftenartikel über die Seitenbeschreibungssprache HTML gelesen haben, wissen Sie schon alles, was Sie für den Anfang brauchen. HTML ist trivial. Die sogenannten Tags, die angeben, wie die Schrift dargestellt werden soll, schreibt man einfach in spitzen Klammern in den Text hinein: das wäre jetzt fett und das jetzt nicht mehr. Und hier
wäre jetzt ein Zeilenumbruch.

Dann schauen Sie sich noch ein paar Seiten von anderen Usern an und speichern ab, was Ihnen gefällt. Nicht die Inhalte sollen Sie klauen, sondern die Gestaltung! Einige Mühe sollten Sie auf die Fotos verwenden, die Sie der staunenden Umwelt präsentieren. Genauer gesagt auf die Komprimierung. Konvertieren Sie Ihr Foto ins JPG-Format und experimentieren Sie mit verschiedenen Kompressionsstufen. Wenn man nur noch so eine Art Schleiertanz mit Krawatte erkennt, war's zuviel.

So, jetzt haben Sie Ihre eigene Homepage, die zwar kaum jemand interessiert, aber Sie können sagen, Sie sind dabeigewesen ;-). Übrigens befinden Sie sich selbst mit einer völlig öden Homepage ohne jeglichen Nutzwert in bester Gesellschaft. Viele große Unternehmen bringen es auch nicht weiter. Siehe z.B. http://www.togal.de/. Da gibt's nicht mal eine Möglichkeit, per Mail weitere Infos anzufordern - das schmerzt echt.

Fredrika Gers