Na, noch Lust auf Dfü? Das Pr oblem bei Vorurteilen ist, daß sie überhaupt keine Lust darauf machen, sich selb st zu informieren. Also Mädels, mal im Ernst: Die Kinderschänder in den Netzen s ind deutlich in der Minderzahl, und wenn ihr sie nicht mit der Lupe sucht, werde t ihr nie einem begegnen. Schon gar nicht wird er sich outen, so wenig wie im wi rklichen Leben. Und was das Bauen von Bomben angeht, da bietet jede Unibibliothe k besseren Stoff.
Völlig ungefährlich
Nachdem wir die völlig schwach sinnigen Argumente also widerlegt haben, kommen wir jetzt zu den Männern. Wahrsc heinlich werden Sie mir nicht glauben, wenn ich sage, daß ich in den letzten ach t Jahren fast nur freundliche, umgängliche und zurückhaltende Männer im Cyberspa ce getroffen habe. Ich könnte jetzt anführen, daß ich mit einem von denen jetzt schon seit fünf Jahren zusammen bin, aber statistisch gesehen ist das natürlich kein Beweis.
Aber dann sagen Sie mir doch bitte, warum die Machos sich ausger echnet im Netz sammeln sollten. Biertische sind viel besser dazu geeignet, dumpf e Parolen zu grölen und sich blöd zu benehmen. Das Problem bei der Dfü ist nämli ch, daß grölen dort nicht geht. Jeder und jede tippt gleich laut. Die Stimme ein er schüchternen Frau ist im Netz genauso laut wie die Stimme des Feldwebels mit den Manieren eines Panzers. Das ist ja gerade das Geniale am Netz. Jeder kann wa s sagen und jeder wird gehört. Und wenn jemand Schwachsinn erzählt, dann findet sich auch immer jemand, der das richtigstellt.
Na gut, Schwarze Schafe gibt e s überall, sonst wäre es ja auch langweilig. Aber wenn wirklich mal so ein puber tierendes Gör eine dumme Anmache losläßt, dann können Sie sich ganz in Ruhe über legen, wie Sie darauf reagieren. Anders als im wirklichen Leben, wo die Frage "O hrfeige oder nicht" immer sofort entschieden werden muß. Sie können zum Beispiel zurückschießen und vor aller Augen die einschlägigen Qualitäten des Anmachers i n Frage stellen. Das ist verblüffend wirkungsvoll, weil es meist ins Schwarze tr ifft. Oder Sie machen gar nichts. Dann wird schon bald ein strahlender Ritter in die Bresche springen und Sie bis aufs Blut verteidigen. Wenn das Ganze sich in einem Online-Chat abspielt, wird er den Angreifer wahrscheinlich sogar killen, a lso aus dem Chat werfen. Wirklich, es gibt Massen von übereifrigen strahlenden R ittern im Netz. Ein paarmal wurden meine Widersacher gekillt, obwohl ich sie vie l lieber Stück für Stück auseinander genommen hätte.
Also mit anderen Wort en, die Männer im Netz sind kein Problem, das wäre ja auch zu lächerlich. "Gut", sagen Sie, "also keine Gefahr, aber was soll ich da überhaupt? In datex-j kann ich wenigstens noch meine Bankgeschäfte erledigen, aber wo ist der praktische Nu tzeffekt beim Internet?"
Die Sinnfrage
Nun, das ist eine typisch weib liche Frage. Männern macht es überhaupt nichts aus, völlig sinnlose Dinge zu tun . Diese Y-Chromosomträger finden es sogar lustig, ganze Tage auf der Suche nach "interessanten Seiten"durchs Internet zu strolchen. Nach zwei Tagen tauchen sie dann wieder auf und berichten ganz stolz, dass es in Wisconsin einen Studenten g ibt, dessen Katze gern auf dem Modem schläft und der deswegen die Besucher seine r WWW-Homepage auffordert, mit der Katze zu sprechen. Der Satz, den man eintippt , wird digitalisiert und über den PC-Lautsprecher der Katze vorgesprochen. Einfa ch toll. Für solche Datenreiseberichte erntet der Cybersurfer von der geliebten Freundin meist Blicke, die ungefähr folgendes besagen: "Ich weiß, daß du spinnst , aber ich liebe dich trotzdem. Jedenfalls, wenn du nicht übertreibst und wir he ute abend ins Kino gehen." Nun, Frauen sind da ganz anders. Das sieht man schon daran, daß ich die Katze erstmal gefragt habe, ob sie deutsch spricht.
Selbstv erständlich hat das Internet auch ein paar kleine, aber ständig wachsende Ecken, mit wirklich nützlichen Dingen. Die rund fünftausend Newsgroups können zum Beis piel wirklich praktisch sein, wenn man etwas abseitigere Hobbies pflegt, wie etw a Necrophilie oder Bierdeckelsammeln. Nein im Ernst, man kann sich zum Beispiel die Programme der politischen Parteien angucken, sich über alle möglichen Bürger initiativen informieren, Zeitschriften wie den "Spiegel" bereits zwei Tage vor E rscheinen lesen und sich Software, Rat und Hilfe holen. Und man kann jede Menge Leute kennenlernen. Es gibt eigene Newsgroups für Leute, die Mailfreunde suchen, von Patagonien bis Passau. Es gibt Diskussionsgruppen, die einfach nur zum Quat schen da sind und andere, in denen es hart zur Sache geht.
Hilfe ist nah B>
Es gibt einfach alles. Nur ist es manchmal etwas schwer zu finden. Doch Hil fe ist nah - schließlich ist das Internet keine Einbahnstraße. Mehrere Newsgroup s sind extra dazu da, neuen UserInnen weiterzuhelfen: de.newusers ist e ine deutschsprachige Gruppe, in der periodisch die wichtigsten Informationen für neue Benutzer veröffentlicht werden. de.newusers.questions ist der ric htige Ort für Anfängerfragen aller Art. Auch die dümmste Frage ist erlaubt und w ird fachkundig beantwortet. Oft wird es dabei vorkommen, daß man auf eine sogena nnte "FAQ" verwiesen wird, eine Zusammenfassung der häufigsten Fragen und Antwor ten zu einem bestimmten Thema.
Am einfachsten ist es natürlich, wenn man jeman d neben sich hat, der einem alles Schritt für Schritt erklärt. Und Tatsache ist, daß die meisten Männer sich freuen würden, wenn mehr Frauen in die Netze kämen. Darum ist es keineswegs abwegig, einfach mal einen solchen um eine Einsteigersession zu bitten. (Hallo Männer, hier ist eine Aufforderung versteckt!) Wirklich, Männer können manchmal richtig nützlich sein. Aber Achtung: Ihr habt nichts davon, wenn der Knabe sich an den Rechner setzt und einfach anfängt, in Affengeschwidigkeit loszuhacken. Besteht darauf, daß ihr die Tasten bedient und haut ihm auf die Finger, wenn er dazwischenfummelt. Er soll euch gefälligst sagen, was man jeweils machen muß, und was gerade am Bildschirm geschieht. Wenn er das nicht will, dann weiß er es offensichtlich selbst nicht, und ihr solltet Euch einen anderen Kandidaten suchen.
Genauso schlau
Ich bin noch die wissenschaftliche Antwort schuldig auf die Frage, warum so wenig Frauen Dfü machen. Die geht ungefähr so: Obwohl kein Mensch mehr öffentlich sagt, daß Frauen und Technik nicht zusammenpassen, so steckt dieses Vorurteil doch immer noch in den Köpfen von Eltern und Lehrern. Es ist erwiesen, daß Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern weniger gefordert und gefördert werden. Sie werden von den Lehrern nicht so oft drangenommen, und auch die Erwartungshaltung ist Mädchen gegenüber niedriger. So verlieren sie nach und nach das Interesse an den Naturwissenschaften und überlassen diese Domäne den Jungen. Unfug? Leider nicht. Bei einer Studentinnenbefragung stellte sich heraus, daß 40 Prozent der Informatikstudentinnen in Nordrhein-Westfalen von reinen Mädchengymnasien kamen. Und das, obwohl der Anteil der Mädchengymnasien insgesamt nur vier Prozent beträgt. An diesen Schulen hatten die Mädchen die volle Aufmerksamkeit der Lehrer und entwickelten nicht das Gefühl, "naturwissenschaftlich minderbemittelt" zu sein. Entsprechend hatten sie keine Hemmungen, diese Interessen zu pflegen.
Also Mädels, laßt Euch bloß keinen Blödsinn einreden. Eins ist nämlich sicher: Mailboxen, Internet und Onlinedienste haben für Frauen mindestens genausoviel zu bieten wie für Männer.
Fredrika Gers
Dieser Artikel wurde in gekürzter Form in Com! 8/95 (früher Btx-Magazin) veröffentlicht.