Cybersex ist doch ganz schoen

Alle Welt redet ueber Cybersex. Und obwohl jeder etwas anderes darunter versteht , ist fast jeder dagegen. Sowas ist immer verdaechtig. Wenn ich also heute eine Lanze fuer den Cybersex breche, dann muss ich erstmal sagen, was ich darunter ni cht verstehe.

Tote Hose ist zum Beispiel alles, was ich bisher auf CD-ROM gese hen habe. Etwa das Busen-Memory namens "Mopsparade", wo man die beiden gleichen Busen aufdecken muss. Mit Level 2 fuer Fortgeschrittene. Da muss man zum rechten Busen den linken finden. Und umgekehrt. Auch diverse ruckelnde Videos auf CD-RO M aus einschlaegig bekannten Versandhaeusern fallen bei mir nicht unter Cybersex , sondern unter den Tisch.

Interessanter wird es da schon in den Computernetze n, wo die Leute selbst kreativ werden. In alt.sex.stories im Usenet kan n man manchmal ganz anregende Geschichten finden. Andererseits haben auch die be sten Storys kein bisschen mit Cybersex zu tun, nur, weil sie pr Datennetz vertei lt werden. Genausowenig, wie Bildchen dadurch zu Cybersex werden, dass man sie a uf einem Computermonitor anguckt.

Und was ist nun wirklicher Cybersex? Was ble ibt da noch? Richtig, Online-Konferenzen natuerlich. In Mailboxen, im IRC (Inter net Relay Chat), auf Compuserve und natuerlich in Btx, das jedoch geschwindigkei tsmaessig immer noch etwas hinterherhinkt. Und wie jeder weiss, ist fuer guten S ex das Timing ein entscheidender Faktor.

Bei Cybersex gilt das Gleiche wie bei RL-Sex (RL - Kuerzel der Computerfreaks fuer "Real Life", also das "wirkliche L eben"): Selbermachen ist besser als zugucken. Und man braucht einen passenden Pa rtner. Den waehlt man allerdings im Cyberspace nach anderen Kriterien aus als im wirklichen Leben.

Zu allererst sollten Sie darauf achten, dass Ihr Partner den richtigen Rhythmus drauf hat - also schnell genug tippen kann. Und natuerlich sollte er nicht auf den Mund aeh auf die Tastatur gefallen sein, sondern Sie ueber seine momentanen Gefuehle und Aktivitaeten auf dem laufenden halten. Sonst endet die Session, bevor sie angefangen hat. Alles andere ist Geschmackssache.

Ob Sie Ihren Partner im wirklichen Leben kennen oder nicht, spielt keine Rolle. Hauptsache, Sie koennen ihn sich vorstellen. Und dabei ist die Realitaet ausnahmsweise voellig unwichtig. Ueberhaupt steht das Aeussere - ob eingebildet oder nicht - beim Cybersex nur an zweiter Stelle. Viel wichtiger ist, dass man sich auf der gleichen Sprachebene begegnet. Wenn der eine es lieber frivol-ironisch mag und die andere drastische Ausdruecke bevorzugt, dann werden die beiden nie zusammen kommen. Schweinisch und lateinisch sind unueberbrueckbare Gegensaetze, wenn alles nur ueber getippte Zeilen auf einem Bildschirm laeuft.

Gut, Sie haben also einen willigen Partner oder eine Partnerin gefunden. Dann sollten Sie sich jetzt tunlichst in einen Privatkanal verdruecken, wo nicht die ganze Belegschaft mithoeren kann. Es sei denn, Sie stehen auf Exibitionismus. Dann schicken Sie nur die Minderjaehrigen raus. Zum Beispiel RTL gucken. Teilnehmer maennlichen Geschlechts stellen schnell noch eine Packung Kleenex bereit, damit Monitor und Tastatur nicht in Mit-Leidenschaft gezogen werden. Das hoert sich jetzt vielleicht bloed an, aber so ist es auch gemeint.

Tja, und weiterhin wuensche ich Ihnen viel Spass. Ach ja, noch ein Tip aus meiner praktischen Erfahrung: Schliessen Sie auch bei akuter Ekstase moeglichst nicht fuer laengere Zeit die Augen. Sie koennten den Orgasmus Ihres Partners am Bildschirm verpassen.

Ich danke Holmchen Landrock fuer die willige Unterstuetzung bei meinen Feldbettforschungen zu diesem Artikel.

Fredrika Gers

Diese Glosse wurde - in leicht zensierter Form :-) - im Btx-Magazin 4/95 veröffentlicht.